Medienmasterinsight: Von Santiago ins Schwabenland

Wer sind die Medienmasterstudis und -alumi? In der Reihe #Medienmasterinsight stellen wir sie euch vor. Heute erzählt Cristián Acevedo Zambrano, wie ihn sein Weg aus Chile in den Kessel und an die HdM führte, wie es danach für ihn weiter ging und warum es so wichtig ist, immer wieder die eigene Komfortzone zu verlassen.

 

Was machen ehemalige Medienmasterstudis eigentlich heute? Das haben wir Cristián Acevedo Zambrano gefragt. Vor zwölf Jahren absolvierte er Master Elektronische Medien, den Vorgänger von AM3, MM3 und UK3, an der HdM. Sein erstes Designstudium hatte er elf Jahre zuvor in seinem Heimatland Chile an der Universidad Tecnológica Metropolitana abgeschlossen mit dem Schwerpunkt visuelle Kommunikation. Heute arbeitet der Familienvater als Project Manager im Bereich User Experience Design bei studiokurbos in Stuttgart.  

Der Weg von Chile in den Kessel – und an die HdM 

„Ich hatte nach meinem Studium einige Jahre in verschiedenen Unternehmen in Chile im Bereich Print, Plakate und Corporate Identity gearbeitet“, berichtet Cristián. Nach Stuttgart zu ziehen, war genau genommen nicht seine Idee: „Meine Frau hatte eine Zusage für einen Master an der Uni Stuttgart.“ Und so zog das Paar Ende 2003 nach Stuttgart. Auch er plante, seinen Master zu machen. „Die HdM begeisterte mich schon beim ersten Betreten. Ich wusste: Hier kann ich etwas lernen und ausprobieren“. Ein Hindernis gab es für den Chilenen allerdings noch: die Sprachbarriere. Guten Morgen, guten Tag, auf Wiedersehen und danke – das war Cristiáns Wortschatz, als er in Stuttgart ankam.

Zwei Jahre konzentrierte er sich daher darauf, deutsch zu lernen. Doch als er 2006 den Master an der HdM startete kam der Schock: „Das Deutsch, das ich in der Sprachschule gelernt hatte, war ausreichend für den Alltagsgebrauch, aber nicht für den Master mit all seinen Fachbegriffen”, erinnert er sich. Also exmatrikulierte Cristián sich, lernte technische, technologie- und medienbezogene Begriffe und bewarb sich im nächsten Jahr wieder – mit vollem Erfolg. „Verstehen konnte ich nun alles. Außerdem waren einige Fächer auf englisch und viele der Professor*innen hatten Verständnis, sodass ich meine Prüfungsleistungen auf englisch einreichen konnte.“

Vom Studium in die Festanstellung

Im Master Elektronische Medien gab es vier Schwerpunkte, erklärt der Alumnus. Er selbst konzentrierte sich weiterhin auf Design – und wählte daher den Schwerpunkt Gestaltung. „Ich wollte so viel wie möglich über Softwaredesign lernen und es direkt anwenden“, so Cristián. Deshalb entwickelte er im Auftrag von Prof. Eichsteller zusammen mit einer Kommilitonin die allererste Website für unseren Studiengang: „Wir waren zwei Semester beschäftigt. Ich habe mich um alles Technische und das Design gekümmert, sie sich um die Inhalte“, erzählt er.  

Die Masterarbeit schrieb Cristián anschließend 2009 im Unternehmen UID (User Interface Design) in Ludwigsburg. Er entwickelte einen interaktiven multi-touch Surface Table, der für die damalige Zeit so revolutionär war, dass UID damit die Touch First Developer Challenge von Microsoft gewann. Außerdem durfte Cristián seine Ergebnisse im Kapitel „Konzeption und Entwicklung von Multi-Touch-Anwendungen“ im Buch Multi-Touch. Interaktion durch Berührung veröffentlichen. „Die groben Konzepte und die Theorie hierfür lernte ich an der HdM, in der Praxis dann das pixelgenaue Arbeiten“ – so sei es auch in all den anderen Bereichen bis heute. Das ist auch der Grund, weshalb Cristián immer ein Back-Up mit Dateien aus dem Studium behalten hat. „Ich nutze die Unterlagen immer wieder als Inspiration beim Arbeiten. Ich schaue mir an, wie wir ähnliche Probleme damals lösten und bekomme so Ideen, wie ich in meinem aktuellen Projekt vorgehen könnte.“

Der große Unterschied zwischen Projekten an der HdM und der Arbeitswelt? „An der HdM kannst du das ideale Projekt nur nach Design-Argumenten und Nutzeranforderungen entwickeln. In der Realität kommen andere Rahmenbedingungen dazu: Du musst lernen, den Mittelpunkt zwischen deinen Wünschen, deiner Vision, den Kundenwünschen und der Nutzerrealität zu finden. Du lernst, in Tätigkeiten zu leben.“ 

“Verlasst eure Komfortzone” 

Worauf sollte man achten, wenn man als Ausländer*in in Deutschland studieren möchte? „Lernt Deutsch! Für viele Studiengänge ist das die Voraussetzung“, erklärt Cristián. „Ich selbst kämpfe bis heute mit der deutschen Sprache, aber ich werde nicht aufgeben.” Ein weiterer Tipp: „No risk no fun! Auch, wenn du dich vielleicht fragst: Kann ich das? Denk nicht lange nach und wage den Schritt ins Unbekannte. Denn am Ende wird sich das höchstwahrscheinlich lohnen.“

Diese Erfahrung machte Cristián mehrfach: „Interessant ist, dass du denken wirst: Wow! Ich habe mich getraut! Und dann gewöhnst du dich an diese Stufe, sie wird deine Komfortzone.“ Daher sei das ein dauerhafter Prozess, der nie zu Ende gehe. Denn es gebe immer wieder Möglichkeiten, etwas Neues zu wagen. Diesen Tipp gibt Cristián nicht nur Aulsänder*innen, die überlegen für ihr Studium nach Deutschland zu gehen, sondern auch allen anderen.

„Nutzt die Chancen, die die HdM euch bietet, wie Studioproduktionen oder Erfahrungen im Ausland.“ Das Gute daran: Man kann keine Fehler machen, weil es immer Professor*innen und Kommiliton*innen gibt, die einen unterstützen. Im Endeffekt könne man also nur neue Erfahrungen sammeln – und so gewinnen. Und Cristiáns letzter Tipp: „Mach schon im Studium immer wieder den Sprung in die Praxis, um zu sehen, was zu dir passt.“ Er selbst fand so den Beruf, der ihn auch heute noch begeistert: User Experience Design. Den Kontakt zur HdM hat er immer gehalten, sei es für Projekte, um Werkstudent*innen zu finden – oder einfach, indem er auf der Medianight vorbeischaut. 

  • Darstellung des Multitouch Tabes, den Cristián Acevedo Zambrano in seiner Masterarbeit bei UID entwarf
  • Darstellung des Multitouch Tabes, den Cristián Acevedo Zambrano in seiner Masterarbeit bei UID entwarf

Das Endprodukt von Cristiáns Masterarbeit:  der interaktive multi-touch Surface Table (Bilder: UID, Cristián Acevedo Zambrano).